Ausgegoogelt? Was Chat GPT und Co für die Suche im Internet bedeuten
Mit dem Einzug von Künstlicher Intelligenz in Suchmaschinen steht das Internet vor einem bedeutenden Umbruch. Die neue Technologie macht es möglich, schnellere und bessere Antworten auf unsere Fragen zu liefern. Wir fassen für dich zusammen, wie die Zukunft des „Googelns“ aussehen könnte – und was der Vision noch im Weg steht.
Suchmaschinen bilden das Tor ins Internet. Während dieses Tor in den vergangenen Jahrzehnten in seinen Grundzügen immer sehr ähnlich aussah, könnte jetzt ein Abriss und Neubau bevorstehen. Der Auslöser dafür ist der aktuelle Hype um eine neue Generation von Chatbots auf Basis Künstlicher Intelligenz.
Seit das Unternehmen Open AI am 30. November 2022 sein Dialogsystem Chat GPT öffentlich verfügbar machte, reißen die Schlagzeilen nicht ab. Das System kann nicht nur Gespräche führen, sondern auch Texte schreiben, längere Artikel zusammenfassen und sogar programmieren. Auch wenn man Chat GPT sehr komplexe Fragen stellt, kommen in den meisten Fällen überraschend gute und plausible Antworten heraus. Daher lag die Verknüpfung mit Suchmaschinen nicht fern.
Alte und neue Welt prallen aufeinander
Wer sich zuerst mit Chat GPT unterhalten hat und anschließend Google benutzt, fühlt sich in der Zeit zurückgeworfen. Auf der einen Seite ist ein neues System, das auf das Wissen des Internets zurückgreift, Antworten in natürlicher Sprache gibt und bei Rückfragen den vorherigen Kontext berücksichtigt. Auf der anderen Seite steht die altbekannte Suchoberfläche mit Eingabefeld und einer simplen Ergebnisliste – in die zu allem Überfluss massenhaft Werbeergebnisse einfließen.
Genau diese Diskrepanz der alten und der neuen Welt könnte anderen Suchmaschinenherstellern eine Chance eröffnen, Google vom Thron zu werfen. Anfang 2022 lag Googles weltweiter Anteil am Suchmaschinenmarkt bei 80 Prozent auf Desktops und Laptops sowie bei 87 Prozent auf Mobilgeräten. Jetzt scheint es so, als ob die Karten neu gemischt werden.
Microsoft bläst mit Bing zum Gegenangriff auf Google
Eine Reihe von Unternehmen hat bereits damit begonnen, KI-Systeme wie Chat GPT in Suchmaschinen zu integrieren und den Nutzern damit eine neue, verbesserte Sucherfahrung zu bieten. Der prominenteste Vertreter davon ist Microsoft. Der Konzern aus Redmond hat mehrere Milliarden Dollar in Open AI gepumpt.
Microsofts Plan: Die Integration von Chat GPT soll die hauseigene Suchmaschine Bing attraktiver machen, die bisher immer im Schatten von Google stand. Der Suchmaschinenmarkt ist schließlich sehr attraktiv. Allein ein Zuwachs von einem Prozent des Marktanteils soll Microsoft durch die Werbeeinnahmen zusätzliche Einnahmen in Höhe von zwei Milliarden Dollar bescheren.
Google hat bereits reagiert und ebenfalls angekündigt, seine Suche um KI-Funktionalitäten zu erweitern. Schon bald soll ein Dialogsystem namens Bard in die Google-Suche integriert werden, das eine ähnliche Qualität wie Chat GPT verspricht.
Nischenanbieter und Startups mit KI-Suchmaschinen
Neben den großen Technologiekonzernen wittern auch viele kleinere Anbieter ihre Chance und drängen mit neuen KI-gestützten Suchmaschinen auf den Markt. Dazu gehört zum Beispiel das Startup You.com des KI-Forschers Richard Socher. Die Suchmaschine kombiniert eine klassische Suchmaske mit neuen KI-gestützten Funktionalitäten. So gibt es einen integrierten Chatbot und einen Text-Generator, mit dem sich zum Beispiel E-Mails vorformulieren lassen.
Ein weiterer Wettbewerber in der neuen Welt der KI-gestützten Suche ist Neeva. Das Unternehmen wurde 2019 von zwei ehemaligen Mitarbeitern der Google-Mutter Alphabet gegründet und setzt auf ein werbefreies Geschäftsmodell. Anstatt die User auszuspionieren und ihnen Werbelinks unterzujubeln, setzt die Suchmaschine auf Datensicherheit und ein Abo-Modell. Es gibt jedoch auch eine kostenfreie Variante.
Wenn die KI ausfällig wird und Nutzer beleidigt
So vielversprechend die Suchmöglichkeiten durch KI-Unterstützung auch sein mögen, der Einsatz der neuen Technologie in Suchmaschinen ist bislang nicht ausgereift. So hat Microsoft die Verwendung von Chat GPT in Bing kurz nach dem ersten Testlauf eingeschränkt und die Anzahl der Fragen pro Sitzung auf fünf beschränkt. Der Grund: Bei längeren Dialogen gab die KI in vielen Fällen unangemessene, übergriffige und verstörende Antworten. Die KI lügt, beleidigt und manipuliert.
Dieses Phänomen hat nichts mit einem Eigenleben der KI zu tun. In ihr Sprachmodell sind schlichtweg zahlreiche fiktive Werke eingeflossen. Das System an sich funktioniert so ähnlich wie Autocomplete. Es schaut in Abhängigkeit des Kontextes der Konversation und des modellierten Wissens, welches Wort mit höchster Wahrscheinlichkeit als nächstes kommt. Je nach Kontext kann die KI dann auch Zeilen aus einem Liebesroman oder Horror-Thriller reproduzieren. Das mag unterhaltsam sein, ist aber nicht das, was man bei einer Internet-Suche erwartet.
Massiv steigende Energieaufwände durch KI-Suchen
Ein bislang noch kaum thematisiertes Problem der KI-gestützten Suche ist der hohe Energieverbrauch. Mit dem Einsatz von KI steigt die benötigte Rechenpower drastisch an. Vor allem das Training der Sprachmodelle, die den KI-Systemen zugrunde liegen, ist sehr energieaufwändig. So schätzen Forscher, dass das Training von GPT-3 – dem Modell hinter Chat GPT – rund 550 Tonnen CO2-Äquivalente verursacht.
Zum Vergleich: Die Fahrt mit einem PKW verursacht pro Kilometer 152g CO2e. Ein Trainingsdurchlauf des Sprachmodells entspricht mehr als 3,6 Millionen gefahrenen Autokilometern. Und das sind nur die vorbereitenden Schritte zur Bereitstellung der KI-Technologie. Hinzu kommt dann der Energieaufwand für jede einzelne Suche.
Fazit
Für Nutzer des Internets ist der aktuelle Kampf im Suchmaschinenmarkt generell eine gute Nachricht. Wenn Googles Monopol fällt, könnte das Tor ins Internet vielfältiger werden. Das „Googeln“ der Zukunft ist dann voraussichtlich eine Kombination verschiedener Such-Modi. Zu der klassischen Sucheingabe und Ergebnisliste gesellt sich ein Dialogsystem, das Inhalte auch zusammenfassen und zusammenführen kann.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist bei KI-gestützten Suchergebnissen jedoch noch Vorsicht geboten. Die Systeme generieren teils auch falsche Antworten. Viele Experten kritisieren die Integration in Suchmaschinen als verfrüht. Der hohe Energieverbrauch und die negative Auswirkung auf die Klimabilanz der KI-gestützten Suche ist ein weiterer Grund zur Skepsis.
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